Sonntag, Januar 29, 2006

Preisgekrönt: The Hill Road

The Story Prize for short fiction 2005
wurde am 25. Januar zum 2. Mal vergeben. Das ansehnliche Preisgeld von 20.000 US $ - mehr als PEN, Pulitzer oder National Book Award für Literatur zu bieten haben - erhielt der gebürtige Ire Patrick O’Keeffe für seine erste Buchveröffentlichung, The Hill Road, einer Sammlung von 4 aufeinander bezogenen Geschichten, die in dem fiktiven irischen Bauerndorf Kilroan spielen.

Nach er letztjährig 1. Preisträgerin, Edwidge Danticat, wählten die Sponsoren Julie Lindsey und Larry Dark, der bis 2002 den O. Henry Preis verliehen hat, für 2005 aus 82 Büchern, die von 44 Verlegern vorgeschlagen worden waren, drei Einsendungen aus, die dann von 3 Fachjuroren, der Schriftstellerin Andrea Barrett, der Bibliothekarin Nancy Pearl und dem Herausgeber des New Republic, James Wood, bewertet wurden. Weitere Informationen unter
http://www.thestoryprize.org/

Das Original finden Sie hier:


http://www.amazon.com/gp/product/0670033987/104-6746034-1536706?v=glance&n=283155
zusätzlich den Anfang der 2. Geschichte hier:
http://www.bloomsbury.com/Authors/microsite.asp?
id=855&section=1&aid=1328&mscssid
=%0bWCUS5KDSLPE08PQDJE1QREEWBH9B843C


Meine Übersetzung:

Hill Road


Die Schmiede von James Nash, dem heiligen Nash, wie mein Vater, seine Freunde und meine Tante Mary ihn nannten, lag am Rand des Dorfes Kilroan, an der Gabelung von drei Straßen, von wo man direkt auf die Hill Road kommt; sie war nur ein kleiner Schuppen, ein paar Meter neben der Landstraße, mit einem rostzerfressenen Zinkdach unter einer alten, dicht belaubten Platane. Unter den Platanen standen vier herrenlose Milchkannen, auf denen der Rost Flecken wie brodelnde Regenwolken geschaffen hatte, während Gras und Unkraut um sie herum einen regelrechten Dschungel bildeten; gewöhnlich brach ich mir einen Zweig aus einer der Platanen, schlug Gras und Unkraut zur Seite und wartete geduldig, bis die Bienen fort geflogen waren und sich der aufgewirbelte Staub gelegt hatte, ehe ich hineinkroch, um kniend die glänzenden Muster ehrfurchtsvoll zu betrachten.

Auf dem Hof der Schmiede selbst lagen haufenweise verschlissene Hufeisen, und an ihrer Mauer lehnten große schwere Eisenreifen, die einmal um die hölzernen Wagenräder zweirädriger Kutschen und normaler Pferdewagen gepasst hatten, und an die jetzt die Männer ihre Pferde anbanden.

In der Mitte des Hofes, genau vor der Tür zur Schmiede, stand der Amboss von Mick Nash, den sein Sohn James nie benutzte, und an den Sonntagnachmittagen im Vorfrühling und Spätherbst rauchten um ihn herum Rome Kelly, John Hogan, mein Vater und noch ein paar andere Bauern ihre Pfeife oder Zigarette, unterhielten sich, lachten und drängelten so lange bis jeder zumindest einen Fuß auf ihn setzen konnte. Im Innern der Schmiede hatte James Nash seinen eigenen Amboss in Betrieb: Mit ohrenbetäubendem Krach, Hämmern und Zischen ging es an ein Hufeisen, denn zum Beschlagen eines Pferdes waren die Männer meistens gekommen, obwohl sie auch ein Fass zum Bereifen hätten dabei haben können, einen Pflug, der geschliffen werden musste oder auch nur alte Töpfe oder Bratpfannen mit einem Loch oder einem abgebrochenen Henkel, die der Schmied auf seine grobe Art ausbessern konnte, damit sie noch ein paar Monate länger hielten. Diese Zeit ging ihrem Ende entgegen. In den nächsten ein oder zwei Jahren würden sich die meisten Bauern Traktoren kaufen und sie über Nacht wieder instand setzen, als hätten sie es immer schon so gemacht; danach kamen die Pferde an die Reihe, und alle Dinge, die diese Pferde hinter sich her gezogen hatten, waren nutzlos, und doch blieb der Schmied im Geschäft: Er lernte, neue Gerätschaften zu reparieren und auszubessern, z.B. Transportkisten, Hechtreusen, Güllestreuer, Silageschneider und Anhänger.

James Nash behauptete, der letzte gewesen zu sein, der Albert Cagney gesehen hatte, in einer Sommernacht des Jahres 1917 oder 1918; er war auch der einzige in Kilroan, der in der selben Nacht gesehen hatte, was er „ein Leuchten von dem Wesen über ihm“ nannte. Ich hörte, wie er es an einem Sonntagabend erzählte, im Herbst, als er wie gewöhnlich aus seiner Schmiede kam, um frische Luft zu schnappen und eine zu rauchen. Er trug immer eine schwarze Klappe über dem linken Auge, seit seiner Jugend, wie ich die Männer erzählen hörte, als ein glühend heißes Hufeisen, das er gerade schmiedete, vom Amboss sprang und dort landete – an jenem Abend war ich unter den Bäumen hervorgekommen, und ich stand mit meinem Bruder und meinen Schwestern im Hof der Schmiede; unser Vater ließ gerade das Pony beschlagen. Der Schmied sagte, dass das erste, an was er sich aus dieser Nacht erinnerte, die Knöpfe an Alberts britischer Militäruniform seien, die im Mondlicht glänzten, und weshalb er wusste, dass es Albert war, der auf der Weg vom Dorf zur Straßengabelung ging. Der Soldat hielt an; der Schmied und er plauderten fünf Minuten oder so miteinander, und ungefähr zehn Minuten nachdem Albert James Nash eine gute Nacht gewünscht hatte, und Albert auf der Hill Road nachhause zurück unterwegs war, erstrahlte das Schlafzimmer des Schmieds hinter der Schmiede von einem übernatürlich hellen Licht, und er fiel aus dem Bett, rannte splitternackt zur Straßengabelung und sah am Himmel über der Hill Road eine zwar nur kleine Flamme in Form eines riesigen Zackens, aber mit genügend Kraft, um die dunklen Felder ringsherum meilenweit zu erleuchten; das Licht und die Hitze waren in der Tat so groß, dass der Schmied sagte, er habe in der Ferne bis auf die Kuppe von Conways Berg sehen können, wo die Felsen wie brennender Torf glühten; dann verschwand das Licht – erloschen so schnell wie eine ausgeblasene Kerze, sagte der Schmied, und er selbst warf sich platt auf die Straße, die unter der Hitze zischte, und bat Gott um Vergebung für all seine Sünden, die Sünden seiner Vorfahren, die Sünden von jedem Mann, jeder Frau und jedem Kind aus Kilroan, lebend oder tot; und er betete für den Seelenfrieden von Albert Cagney, von dem er fälschlicherweise annahm, dass er entweder mit Leib und Seele in den Himmel aufgefahren oder in einen rauchenden Haufen Asche verwandelt worden sei.

- Eines nur ist klar, das sage ich euch, dass der nicht wie ihr aus Fleisch und Blut war, der dort überlebt hat, sagte der Schmied, der sich von den Männern abwandte und das Band seiner Augenklappe festzurrte, und schlenderte dann in die Ecke des Hofes, wo er auf Grass und Unkraut unter den Platanen pinkelte. Die Männer um den Amboss herum bewegten sich nicht und sprachen kein Wort, sondern starrten auf den Boden zu ihren Füßen. – Und kein Wort davon ist gelogen, Jungs, glaubt mir, sagte der Schmied, als er zurück kam und den Gürtel unter seiner Lederschürze festband. – Aber Jungs, es gibt was zu tun, sagte er, und ich muss weitermachen; und ich verspürte ein Frösteln, als ich ihn in die Schmiede zurückgehen sah, die Ärmel hochgekrempelt bis zu seinen kräftigen Schultern, seine Schirmmütze nach hinten gedreht, wie es viele Bauern bei der Arbeit machen, und das prächtige Licht des Herbst erfüllte den Hof, der bald mit den vergilbenden Blättern der Platanen bedeckt sein würde, die jetzt ohne Unterlass fielen, bildete eine scharfe Linie zur Finsternis, in die der Schmied hinüberwechselte bei der Tür zur Schmiede, wo das Feuer vor ihm aufleuchtete; und nach einigen Sekunden, als der Schmied schon wieder hämmerte, erhoben John Hogan, mein Vater, Rome Kelly und die anderen Männer die Köpfe, lächelten und zwinkerten einander zu. Natürlich hatten sie der Geschichte des Schmieds im Laufe der Jahre schon viele Male zuhören müssen, sodass die Geschichte an dem Abend für sie in keiner Weise neu war.